Am 21. Juni 2022 fand die Onlineveranstaltung zum Thema The Power of the Supreme Court of the United States in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Amerikanischen Zentrum Stuttgart statt. Der Speaker des Abends, David Goldfield, wurde durch die Moderation von Ericka Bahner Seifried unterstützt und wurde in Kooperation mit der U.S. Botschaft in Berlin und dem Auswärtigen Amt initiiert.
Das Ziel unserer Veranstaltung war es, das juristische System der Vereinigten Staaten näher zu beleuchten, um ein besseres Verständnis für dessen Macht und Entwicklung zu schaffen.
David Goldfield ist Professor für Geschichte an der University of North Carolina in Charlotte und konnte durch seine Expertise tiefgründige Einblicke in die Geschichte, Funktionen und Charakteristika des Supreme Courts gewährleisten. Durch Professor Goldfields historische Perspektive wurden den Teilnehmer:innen wichtige Themengebiete im Zusammenhang mit dem Supreme Court nahegelegt und ein Verständnis für zeithistorische und aktuelle Ereignisse konnten gestärkt werden.
Roe v Wade und Nominierungen
Es wurden unter anderem Themen wie die Nominierung von Richter:innen, als auch die aktuelle Debatte um den Fall Roe v. Wade angesprochen.
Zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht fest, wie die Entscheidung bezüglich des Abtreibungsrechts in den Vereinigten Staaten ausfallen würde. Professor Goldfield hat jedoch festgehalten, dass dieser Fall auch unabhängig vom Ergebnis ein historisches Ereignis darstellen würde.
Die Außerkraftsetzung dieses Gesetzes ist nicht nur äußerst ungewöhnlich, sondern hat erhebliche Konsequenzen für Betroffene. Bundesstaaten haben nun die Befugnis, alte Gesetze wieder in Kraft treten zu lassen und somit sichere Abtreibungen unmöglich zu machen. Selbst in Notfallsituationen kann ein solcher Eingriff nun strafrechtlich verfolgt werden.
In dem Vortrag wurde auch hervorgehoben, dass es besonders in den Anfangszeiten der Vereinigten Staaten von Amerika ein großes Konfliktpotenzial zwischen der Regierung und den Rechten der einzelnen Staaten gab. Die konstitutionelle Interpretation des Supreme Courts ist dementsprechend von Beginn an Auslegungssache.
Bezüglich der Nominierungen der Richterinnen und Richter am Supreme Court hat Professor Goldfield betont, dass die aktuelle Umstrittenheit eben jener mit dem zeitgleich einhergehenden gespalteten und polarisierten politischen Klima des Landes zusammenhängt.
In der Vergangenheit seien die Nominierungen sehr viel einstimmiger gewesen und weniger von politischer Einflussnahme geprägt.
Geschichte, Unabhängigkeit der Richterbank und ein Ausblick auf die Zukunft
Am Ende des Vortrags war die Möglichkeit gegeben, durch Fragen des Publikums einige besonders spannende Themengebiete noch einmal tiefgreifender aufzufassen.
Hier wurde ebenfalls die Nominierung der Supreme Court Justices aufgegriffen, wodurch Professor Goldfield eine historische Reise bis hin zur Zeit von Eisenhowers Präsidentschaft begann. Bevor die Parteien Mitte der 90er Jahre immer weiter auseinander gingen, waren diese Nominierungen kaum erwähnenswert. Eisenhower beispielsweise hat sowohl aus den Reihen der Demokraten als auch der Republikaner Leute nominiert. Die politische Entwicklung erschwert nun jedoch diesen Prozess, welcher von beiden Parteien im Kongress abgesegnet werden muss.
Laut Goldfield spiegelt der Kongress in seiner Spaltung und Polarisierung die aktuelle Bevölkerung sehr gut wider.
Weitere historische Meilensteine in der Geschichte des Supreme Court wurden ebenfalls erwähnt, wie etwa die Fälle Dred Scott v. Sandford aus dem Jahr 1857, Plessy v. Ferguson von 1896, sowie Brown v. Board of Education of Topeka von 1954.
Eine weitere Frage aus dem Publikum bezog sich auf den Ablauf und wie zum Beispiel ein Fall von einem lokalen Gericht zum Supreme Court gelangen kann.
In der Regel nimmt der Supreme Court sehr wenige Fälle an, da die meisten durch Präzedenzfälle für sich stehen können. Wenn ein Fall dann jedoch an den Supreme Court gelangt, so kann diesem in der Regel eine große Bedeutung zugeschrieben werden.
Es kam auch die Frage auf, inwiefern die auserkorenen Richter:innen ihre Unabhängigkeit wahren können, wenn sie vom Präsidenten gewählt werden, welcher ja in der Regel einer gewissen Partei zugehörig ist. Laut Professor Goldfield ist durch das Amt auf Lebenszeit eine gewisse Unabhängigkeit gegeben. Jedoch kann sie dadurch auch nicht garantiert werden; besonders in einer so gespalteten Gesellschaft. Demnach kann es als durchaus beunruhigend angesehen werden, wie vorhersehbar einige Entscheidungen somit sein können.
Um dem Publikum besser nahelegen zu können, wie unabhängig der Supreme Court in der Vergangenheit war, ist Professor Goldfield auf die damals noch bestehenden vier Partien eingegangen.
Nach dem Bürgerkrieg war die Gesellschaft sehr viel diverser in ihren politischen und ideologischen Ansichten. Mit der Zeit wurde jedoch fast jedes Belangen zu einem politischen Problem, wovon auch der Supreme Court nicht ausgeschlossen ist.
Gegen Ende hin wurde die Frage gestellt, inwiefern Parallelen zwischen dem Watergate Skandal und den Unruhen im Kapitol am 6. Januar gezogen werden können. Hier betont Professor Goldfield, dass besonders der Umgang der Republikaner mit diesem Skandal zu sanft war und somit die Bedeutung dieses Ereignisses nicht anerkannt wurde. Er geht jedoch nicht davon aus, dass es ein tatsächlicher Versuch war, die Regierung endgültig zu stürzen.
Zuletzt ging Professor Goldfield darauf ein, welche Konsequenzen es nun für Präsident Biden hat, dass der ehemalige Präsident Donald Trump über 200 Richterinnen und Richter ernannt hat.
Durch diese Entscheidungen lässt sich bereits absehen, dass insbesondere die Bereiche Umwelt, Handel und Finanzwesen in eine freiere, offenere und weniger regulierte Richtung steuern werden.
Wichtig hierbei ist es jedoch zu erwähnen, dass Präsident Biden während seiner Amtszeit ebenfalls die Möglichkeit hat, Richter:innen zu ernennen. Somit lässt sich die Entwicklung des juristischen Systems in den Vereinigten Staaten weiterhin mit Spannung beobachten.
Den Vortrag können Sie hier in voller Länge ansehen.